Spiel & Bewegung
Spielzeugfrei - Warum Weniger Mehr ist
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Wir leben in einer Welt des Überflusses. Viele Eltern handeln aus der besten Absicht heraus: „Meinem Kind soll es an nichts fehlen.“ Doch eine Überflutung mit Spielzeug kann Kinder überfordern, ihre Kreativität hemmen und sie sogar schneller langweilen lassen.
Wir leben in einer Welt des Überflusses. Besonders Kinderzimmer sind oft bis an den Rand gefüllt mit Spielzeug. Wo es früher üblich war zum Geburtstag und zu Weihnachten große Herzenswünsche erfüllt zu bekommen, ist es heutzutage gang und gebe zwischendurch und einfach so Spielzeug zu schenken. Das führt so weit, dass Kindergarten und Schulkinder teilweise gar nicht mehr wissen, was sie sich zum Geburtstag wünschen sollen. Viele Eltern handeln aus der besten Absicht heraus: „Meinem Kind soll es an nichts fehlen.“ Doch genau hier liegt das Problem. Eine Überflutung mit Spielzeug kann Kinder überfordern, ihre Kreativität hemmen und sie sogar schneller langweilen lassen.
Back to Basic: Warum wir unseren Kindern damit Gutes tun?
Unsere Gesellschaft ist geprägt von dem Gedanken "Höher, schneller, weiter" – mehr Reize, mehr Möglichkeiten, mehr Förderung? Klingt verlockend, das schon für die Kleinsten anzuwenden. Doch Studien und Erfahrungen zeigen, dass Kinder genau das Gegenteil davon brauchen. Sie wollen den Moment aufsaugen, forschen und mit allen Sinnen entdecken. Wer schon mal ein Kind dabei beobachtet hat, wie lange es mit einem simplen Stöckchen am Wegesrand spielt, der weiß, was ich meine. Reizüberflutung kann sogar bewirken, dass Kinder unkonzentrierter, unruhiger und weniger einfallsreich werden. Ein spielzeugfreies Konzept kann genau hier ansetzen und Kindern helfen, ihre natürliche Kreativität und Problemlösungskompetenz zu entwickeln.
Was bedeutet "Spielzeugfrei"?
Das Konzept kommt vom spielzeugfreien Kindergarten und basiert darauf, dass Kinder über einen bestimmten Zeitraum bewusst auf vorgefertigte Spielsachen verzichten. Stattdessen nutzen sie Alltagsgegenstände und Naturmaterialien, aus denen sie eigene Spiele entwickeln. Dies fördert:
- Kreativität und Vorstellungskraft
- Soziale Kompetenzen durch gemeinsames Spielen
- Problemlösungsfähigkeiten
- Eine gesunde Frustrationstoleranz und Ausdauer
Zudem dienen all diese Punkte bereits im Kleinkindalter der Suchtprävention. Wenn wir es gewohnt sind alles zur Verfügung zu haben oder zu bekommen, dann wird unser Belohnungszentrum im Gehirn ständig aktiviert und wir wollen automatisch immer noch mehr. Beim Konzept „Spielzeugfrei“ lernen die Kinder, Langeweile erstmal anzunehmen und dann etwas daraus entstehen zu lassen. Das liegt auch an uns Eltern, die Gefühle der Kinder zu begleiten, anstatt sie mit dem nächsten Spielzeug zu überlagern.
Warum das Wissen rund um dieses Konzept bereits für dich als Babymama oder Babypapa relevant ist:
Wusstest du, dass Babys bis zum Alter von 6 Monaten eine einzige einfärbige Stoffwindel zum Spielen ausreichen würde? Dieses Tuch kann auf so viele verschiedene Arten und Weisen mit allen Sinnen entdeckt werden. Was braucht es beispielsweise dafür, die ganze Stoffwindel von der einen Körperseite auf die andere zu bewegen? Wie viel davon passiert ungewollt und wie lange übt das Baby, bis es dies bewusst kann? Motorische Fähigkeiten, wie das Greifen werden dadurch geübt und gelernt. Die Wahrheit ist - Babyspielzeug ist total süß und einiges davon regt sogar den Erkundungssinn von Erwachsenen an. Jetzt mal ehrlich, wie oft hattest du als Mama oder Papa schon mal das Spielzeug deines Babys in der Hand und hast damit unbewusst vor dich hin gespielt. Klar lädt das zum Kaufen ein. Letztendlich steht hinter der Spielzeugindustrie eine Industrie, die richtig viel Geld umsetzt. Du darfst dir die Frage stellen, wie viel oder wenig Geld du für Spielzeug ausgeben willst. Dein Baby braucht nicht viel davon.
Falls du merkst, dass das Kinderzimmer oder der Spielzeugkorb überquillt, kannst du schon jetzt aktiv gegensteuern.
Tipps für einen bewussten Umgang mit Spielzeug
1. Ausmisten & Rotieren
Reduziere die Anzahl an Spielsachen und lagere einen Teil außer Sichtweite. Alle paar Wochen kannst du Spielzeuge austauschen – das sorgt für neue Begeisterung ohne Überforderung. Aus Erfahrung finden sich Babys und Kinder leichter etwas zum Spielen, je weniger Auswahl es gibt.
2. Mehr Freiraum für Kreativität schaffen
Biete einfache Materialien wie Tücher, Körbe und Kisten, Holzbausteine oder Alltagsgegenstände an. Kinder entwickeln daraus oft die kreativsten Spiele.
3. Qualität statt Quantität
Setze auf wenige, aber sinnvolle Spielsachen, die vielseitig genutzt werden können. Holzspielzeug, Bausteine oder Knete sind oft langlebiger und regen die Fantasie an. Wähle rund um den ersten Geburtstag ein bis zwei Arten von Spielzeug, das durch beliebige Sets aufgestockt werden kann. Zb: Bioblo, Duplo, Brio oder Schleichtiere. Zu jedem Anlass kann von Familie und Freunden eine Kleinigkeit dazu geschenkt werden. So erweitern sich die Möglichkeiten damit zu spielen.
4. Natur als Spielplatz nutzen
Draußen spielen ist die beste Möglichkeit, um kindliche Entwicklung natürlich zu unterstützen. Steine, Stöcke, Blätter, Erde, Sand – die Natur bietet unendlich viele Spielmöglichkeiten.
5. Gemeinsame Zeit statt Spielsachen schenken
Anstatt immer mehr Spielzeug zu kaufen, kannst du deinem Kind Zeit und Erlebnisse schenken: Bücher, Ausflüge, Theater, Kinderkonzert oder den Besuch einer Spielgruppe. Gewöhnt euch bereits jetzt an, der Verwandtschaft klar zu sagen, welche und wie viele Spielsachen ihr für euer Kind wünscht. Möchten sie mehr schenken, kann gerne Geld gegeben werden, das ihr als Eltern für das Kind anlegt oder spart.
Fazit: Weniger Spielzeug, Mehr Kindheit
Ein spielzeugfreies Konzept bedeutet nicht, dass Kinder nichts zum Spielen haben. Es bedeutet vielmehr, ihnen Raum für eigene Ideen zu geben, ihre Kreativität zu stärken, Langeweile zuzulassen und sie zu unabhängigen kleinen Entdeckern zu machen. Probiere es aus – du wirst staunen, wie viel Fantasie in deinem Kind steckt!
Über die Autorin
Im Mamaalltag gibt es viele Stellschrauben, die du drehen kannst, um deinen Alltag zufriedener, leichter und entspannter verbringen zu können. Ein gesunder Zugang zum Spielen, die Wahl des Spielzeugs und davon loszukommen, dein Kind durchgehend beschäftigen zu müssen, ist eine davon. Lass uns deinen Alltag aus einem anderen Blickwinkel betrachten und herausfinden, was du und dein Kind braucht.
Ich bin Hanna Lind, Pädagogin und Coach für Mutterschaft und Weiblichkeit und begleite dich in einen ausgeglichenen Mamaalltag. Unter www.momazing.at findest du mehr Infos.