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Geschenke zur Geburt 

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Vom "Babyblues" , der wenige Tage andauert und mit der Achterbahn der Hormone nach der Geburt zu erklären ist, hört man oft. Auch, dass frischgebackene Mütter in diesen Tagen viel Verständnis brauchen und dass der "Babyblues" meist nur kurz andauert, um dann dem Mutterglück Platz zu machen. Was ist aber, wenn Wochen oder gar Monate nach der Geburt Traurigkeit, Verzweiflung und das Gefühl, seiner neuen Rolle nicht gewachsen zu sein, den Alltag bestimmen? Wenn man sich nichts mehr ersehnt, als sein "altes" Leben?

Natascha Gazzari hat mit OÄ Dr. Claudia Reiner-Lawugger ausführlich über diese Tabuthema gesprochen. 

 

„Wünschten Sie manchmal, Ihr Kind wäre nicht da?" - Darf man auf so eine Frage mit einem deutlichen „JA!" antworten? - Wenn man sich in der Praxis von OÄ Dr. Claudia Reiner-Lawugger befindet, dann ja. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie ist Leiterin der Spezialambulanz für perinatale Psychiatrie am Wiener Otto-Wagner-Spital mit eigener Praxis in der Josefstadt und somit eine absolute Expertin auf dem Gebiet von Depression rund um Schwangerschaft und Geburt.


OÄ Dr. Claudia Reiner-Lawugger (Foto: privat) 

Wer sich ihr anvertraut, fühlt sich, so wie ich, von der neuen Rolle als Mutter überfordert, erschöpft und gefangen in diesem Leben mit Kind, das man sich zwar so gewünscht hat, einen jetzt aber völlig an die eigenen Grenzen bringt. Hinzu kommt das schlechte Gewissen, sein Kind womöglich nicht so zu lieben, wie man es selbst bzw. das Umfeld von einem erwartet.

Wer mitten in dieser, manchmal ausweglos erscheinenden Situation, steckt, glaubt, dass es nur einem selbst so ergeht. Postpartale Depression ist nachwievor ein Tabuthema. Zu oft stoßen Betroffene auf völliges Unverständnis und müssen sich Sätze wie „Stell dich nicht so an.", „Du wolltest das Kind doch.", oder „Sei froh, dass du ein gesundes Kind hast.", an den ohnehin schon völlig im Gefühlschaos steckenden Kopf werfen lassen. Dabei ist die Diagnose postpartale Depression keine seltene. „Rund zehn Prozent der Mütter sind von peripartalen Depressionen betroffen, ca. 15 Prozent in Summe leiden in dieser Zeit an Erkrankungen, die psychiatrisch relevant sind, etwa Psychosen, Angsterkrankungen usw.“, weiß Dr. Claudia Reiner-Lawugger. „Es ist wichtig für die Frauen zu wissen, dass sie zu einer großen Gruppe gehören und nicht allein sind mit der Thematik“, so die Psychiaterin.

Perfektionismus trifft auf völlige Planlosigkeit

Besonders gefährdet sind einerseits Frauen, die bereits früher an einer psychischen Erkrankung gelitten haben. „Eine große Gruppe sind aber auch sehr leistungsorientierte Frauen, die oft spät Mutter werden. Sie kommen aus einem Berufsumfeld, in dem sie schon etabliert waren, sehr strukturierte Abläufe gewöhnt waren und dann kommt endlich das lang ersehnte Wunschkind und verursacht völliges Chaos. Diese Frauen stolpern dann über ihren Perfektionismus.“

Auch der Wandel der Gesellschaft sei für die große Zahl von Erkrankungen mitverantwortlich, so Reiner-Lawugger: „Wir lernen den Umgang mit kleinen Kindern nicht mehr anhand von Geschwistern, Cousins und Cousinen, sondern es gibt heute ganz viele Mütter, die mit dem eigenen Baby zum ersten Mal in ihrem Leben ein Baby in der Hand halten. Diese Frauen sind natürlich völlig verunsichert, weil ihnen das Bauchgefühl fehlt. Um ein Bauchgefühl haben zu können, muss man es einmal gefühlt haben. Diesen Frauen fehlt dann der Plan. Und wenn ich völlig planlos bin und gleichzeitig einen hohen Leistungsanspruch habe und alles gut machen möchte, dann hab ich echt ein Problem.“

Dass ich ernsthaft ein Problem habe, war mir bewusst und der Schritt zur Fachärztin für Psychiatrie nicht einfach, aber unausweichlich. Dass ich in der Ordination von Dr. Reiner-Lawugger gelandet bin, verdanke ich dem Buch „Wie kann ich dich halten, wenn ich selbst zerbreche“ (siehe Buchtipps unten). Ich habe mich in so vielen Passagen des Buches wiedererkannt, dass mir sehr schnell klar war, dass ich Hilfe brauche. Nach Monaten ohne richtigen Schlaf, kam ich mir vor wie ein Zombie: Blutleer, ausgelaugt. Schlafen war daher für mich der erste Schritt auf dem Weg aus der Depression. „Am besten, Sie schlafen im Gästezimmer. Zumindest bis die Medikamente wirken“, rät mir die Ärztin beim Erstgespräch. Das sitzt und so sehr ich mich einerseits gegen die Einnahme von Antidepressiva sträube, so erleichtert bin ich auf der anderen Seite. Dass man meinen Zustand behandeln kann und dass es mir schon bald besser und irgendwann wieder richtig gut gehen wird, als Frau und als Mutter.

Das hieß für meinen Mann „Nachtschicht“ machen, damit ich zumindest einige Stunden, mit Ohrstöpseln ausgerüstet, Ruhe finde. Die Partner spielen während einer postpartalen Depression eine sehr wichtige Rolle. „Sie sind vor allem für die Stabilität des Kindes wichtig, weil das Kind eine gut funktionierende, gesunde Bezugsperson braucht.“

Ob zusätzlich eine Psychotherapie oder im Akutfall auch eine stationäre Behandlung erforderlich ist, entscheidet die Expertin individuell.

Vorbeugen könne man am besten, indem man sich mit der Thematik beschäftige und sich rechtzeitig ein gutes Netzwerk an kompetenten Betreuern aufbaue, für den Fall des Falles.

Anlaufstellen für „Postpartale Depression“

Spezialambulanz für perinatale Psychiatrie, Wilhelminenspital, Pavillon 13
1160, Montleartstraße 37
Ambulanzzeiten: Montag bis Freitag von 9:00 bis 13:00 Uhr
Telefonische Anmeldung unbedingt erforderlich! Telefonnummer: +43 1 491 50-8110
Anmeldung: Montag bis Freitag von 10:00 bis 12:00 Uhr
Zur Webseite

Ordination OÄ Dr. Claudia Reiner-Lawugger
Lange Gasse 42, 1080 Wien, Termine nach Vereinbarung, Tel. 01 / 405 44 05-3, Webseite

„Mutterglück? Mutterglück!“ - Selbsthilfegruppe Postpartale Depression im Nanaya
Die Gruppe trifft sich jeweils am Montag von 12.00 – 13,30 Uhr, aktuelle Termine findest du auf der Webseite des Nanaya.
Anmeldung bei Cornelia Kafka unter Tel. 0650 / 68 72 500 oder per E-Mail an mutterglueck@gmx.at
Zentrum Nanaya, Zollergasse 37, 1070 Wien

 

Kostenlos Infos zum Download inkl. Schnelltest

 

Buchtipps (Auswahl der Autorin)

Schrimpf, Ulrike: Wie kann ich dich halten, wenn ich selbst zerbreche? Meine postpartale Depression und der Weg zurück ins Leben. Südwest Verlag

Wiegers, Petra: Nur die Liebe fehlt. Von Depression nach der Geburt und Müttern, die ihr Glück erst finden mussten. Patmos Verlag

Börgens, Sylvia: Das Kind ist da, das Glück lässt auf sich warten. Mabuse-Verlag

Rohde, Anke: Postnatale Depressionen und andere psychische Probleme. Ein Ratgeber für betroffene Frauen und Angehörige. Kohlhammer W. Verlag

 

Ein Beitrag von Natascha Gazzari: Natascha ist Mutter eines 17 Monate alten Sohnes, studierte Publizistin und hat zuletzt im Bereich Unternehmenskommunikation gearbeitet. Durch die Geburt ihres Kindes ist sie vom Salzkammergut zu ihrem Mann nach Wien übersiedelt.

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