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Babyschlaf: Schlafberatung nach 1001 Kindernacht
- Details
Gastbeitrag von Doris Fink - Immer mehr Eltern entscheiden sich ihre Kinder auf Augenhöhe zu begleiten. Die Begriffe bedürfnis- und beziehungsorientiert sind in aller Munde. In meiner Arbeit als Stillberaterin war mir schnell klar, dass ich auch in das Thema Schlaf tiefer eintauchen möchte. Mein Wunsch war es einen Ansatz in der Schlafberatung zu finden der zu mir und meiner Arbeit passt. Ich wollte auf keinen Fall auf Methoden des Schlaftrainings wie die „Ferber-Methode“ (Anmerkung: aus dem Buch "Jedes Kind kann schlafen lernen") zurückgreifen.
Schlafberatung nach 1001 Kindernacht ist eine ganzheitliche und bindungsorientierte Schlafberatung die von der Schweizerin Sibylle Lüpold (Buchautorin, Stillberaterin Ibclc, Geschäftsführerin von 1001 Kindernacht) entwickelt wurde.
Was ist 1001 Kindernacht und was ist es nicht?
Sie liefert keine sofort wirkenden Zaubertricks, dafür ein tragfähiges Fundament für die lebenslange Schlafentwicklung und die Eltern-Kind-Bindung. Der Aufwand des Konzepts von 1001 Kindernacht ist kurzfristig betrachtet grösser als bei verhaltenstherapeutischen Methoden, langfristig betrachtet aber sehr wertvoll für den gesunden lebenslangen Schlaf. 1001 Kindernacht stützt auf den Empfehlungen der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und aktuellen Studien zum Thema Schlaf.
Alle Empfehlungen und Maßnahmen unterstützen den Aufbau der Eltern-Kind-Bindung und die gegenseitige Vertrauensbeziehung. Das Kind wird nicht alleine gelassen, wenn es damit überfordert ist. Es wird auch nicht aus erzieherischer Absicht schreien gelassen. Die Eltern werden darin bestärkt feinfühlig auf ihr Kind einzugehen und prompt und zuverlässig auf Signale zu reagieren. Alle Empfehlungen sind der körperlichen, emotionalen und kognitiven Reife des Kindes angepasst. 1001 Kindernacht geht davon aus, dass die Schlafentwicklung ungefähr 3 Jahre dauert und die meisten Kinder erst dann dauerhaft in der Lage sind, (wenn gewünscht) abends alleine ein- und nachts selbstständig weiterzuschlafen.
Mir ist in der Schlafberatung besonders wichtig, dass man gemeinsam mit allen Familienmitgliedern einen Weg findet. Alle Wünsche, Bedürfnisse und Gefühle sind wichtig und werden miteinbezogen.
Hat mein Kind eine Schlafstörung?
Viele Eltern haben große Sorge, dass ihr Kind eventuell unter einer „Schlafstörung“ leidet. Meistens handelt es sich dabei aber nicht um eine Schlafstörung im medizinischen Sinn, sondern um ungünstige Schlafbedingungen und vor allem an unangepasste Erwartungen der Eltern an die kindliche Reife.
Schauen wir uns doch mal den Aufbau des Schlafs an:
Der menschliche Schlaf ist in Zyklen unterschiedlich tiefer Phasen gegliedert. Beim Säugling dauert so ein Zyklus ca. 50 Minuten, bei einem Erwachsenen ca. 90 Minuten. Zwischen den Zyklen erwachen wir kurz. Wir Erwachsenen nehmen dieses Erwachen meist gar nicht wahr. Wir schlafen rasch wieder ein. Kleine Kinder sind auf Unterstützung beim Wiedereinschlafen angewiesen. Im Verlauf des ersten Jahres verlegt ein Kind seinen Schlaf zunehmend auf die Nacht und macht um den ersten Geburtstag herum nur noch ein bis zwei Tagesschläfchen. Der Schlaf setzt sich aus Phasen von Leicht-, Tief- und Traumschlaf zusammen. Wir unterscheiden zwischen „Non-REM-Schlaf“ (verschiedene Leicht- und Tiefschlafphasen) und REM-Schlaf (Rapid Eye Movement – diejenige Schlafphase in der Atmung und Gehirn sehr aktiv sind – diese Phase dient den Lernprozessen). Ein schlafendes Kind im Mutterleib befindet sich fast ausschließlich im REM-Schlaf. Ein Neugeborenes befindet sich noch 50 Prozent, ein Zweijähriges Kind nur mehr 25 Prozent im REM-Schlaf. Während einer Nacht durchlaufen wir ca. vier bis fünf Zyklen. Diese Zyklen führen bei uns Erwachsenen und bei älteren Kindern jeweils vom Leichtschlaf über den Tiefschlaf in den REM- Schlaf.
Kleine Kinder schlafen anders. Wie möchte ich euch gerne erklären.
Säuglinge befinden sich nach dem Einschlafen ca. 20 Minuten im besonders störungsanfälligen REM-Schlaf. Erst danach gleiten sie in den Tiefschlaf. Deswegen lassen sich die Kleinen direkt nach dem Einschlafen nur sehr ungerne ablegen. Kinder merken dann sofort, wenn sie nicht mehr in Körperkontakt mit ihrer Bindungsperson sind und wachen auf. Aus Sicht der Evolution ein kluges Verhalten. Ein allein herumliegendes Baby wäre in der Steinzeit zum Tode verurteilt. Ja ich weiß schon, die Steinzeit ist vorbei … aber trotzdem ist diese Information in jeder Zelle unseres Körpers abgespeichert. Mit zunehmendem Alter schaffen Kinder den Übergang in den Tiefschlaf immer schneller und besser.
„Ein Baby, das weint, wenn es alleine zum Einschlafen in sein Bett gelegt wird oder schreit, wenn niemand es hochnimmt, besitzt die Charakterstärke, seine Persönlichkeit durchzusetzen und seinen Bezugspersonen mitzuteilen, was es braucht. Ein solches Kind lernt, Beziehungen zu Personen und nicht zu Dingen herzustellen. Es wäre zutreffender, das „schwierige Baby“ als „selbstbewusst“ oder „bindungsfähig“ zu bezeichnen. (Dr. med. William Sears, „Das 24 – Stunden – Baby“)
Wie ist es eigentlich mit dem Schlafbedarf des Kindes?
Der Schlafbedarf ist tatsächlich von Kind zu Kind unterschiedlich. Manche Kinder brauchen rund um den 1. Geburtstag 9 Stunden Schlaf, andere 14 Stunden. Dieser Schlafbedarf kann auch nicht erhöht oder verringert werden.
Was wir aber gut steuern können ist der Zeitpunkt wann das Kind schläft. Sehr oft beobachte ich, dass Kinder zu früh ins Bett gebracht werden, obwohl sie noch nicht müde sind. Hat das Kind zum Beispiel ein ausgiebiges Mittagsschläfchen gemacht, wird es am Abend vielleicht noch nicht um 18 Uhr müde sein. Hier ist es wichtig, dass man den Tagesablauf und die Dauer der Tagesschläfchen beobachtet. Der Zeitpunkt des Nachtschlafs kann nun individuell angepasst werden. Umgekehrt können auch die Tagesschläfchen vorsichtig gekürzt werden, dies hat wiederum Auswirkungen auf die Länge des Nachtschlafs.
Auch hier findet man einen Weg gemeinsam mit der Familie und unter Berücksichtigung der kindlichen Bedürfnisse und Entwicklungsschritte.
Was brauchen nun Kinder um „gut“ schlafen zu können?
Für eine gesunde Schlafentwicklung ist es wichtig, dass das Kind die Nacht und das Schlafen am besten von Anfang an mit positiven Gefühlen, Nähe und Geborgenheit verknüpft. Dies kann sich dann fest im Gehirn verankern. Die frühkindliche Prägung zeigt auch beim Schlaf eine lebenslange Wirkung. Wer also von Anfang an Geborgenheit und Nähe erfährt, wird auch später entspannter schlafen können.
Viele Kinder, die zwischen drei und sechs Monaten bereits längere Phasen am Stück schlafen, wachen im 2. Lebenshalbjahr wieder vermehrt auf. Genau das ist der Punkt, an dem sich viele Eltern Sorgen machen und sich fragen ob sie etwas falsch gemacht haben. Doch die Schlafentwicklung verläuft nicht geradlinig schnurstracks zur Ziellinie des Durchschlafens. Sie verläuft wellenförmig und besteht aus anstrengenden und erholsamen Phasen.
Das erste Lebensjahr zum Beispiel ist eine ständige Aneinanderreihung von Meilensteinen in der kindlichen Entwicklung. Sogenannte „Touchpoints“ wie sie in der Fachwelt genannt werden. VIER solcher Touchpoints treten im ersten Lebensjahr auf und haben natürlich Auswirkungen auf den Schlaf. Ein Beispiel dafür ist die sogenannte „Fremdenangst“ die rund um den 7. Lebensmonat auftritt und zur gesunden psychischen Entwicklung beiträgt. In dieser Zeit beobachtet man, dass die Kinder wieder vermehrt die Nähe und Zuwendung ihrer Eltern (Bindungspersonen) einfordern. Auch tagsüber Erlebtes, die verschiedenen Eindrücke usw. werden in der Nacht verarbeitet. Dies geschieht immer am besten in der Nähe der Bezugsperson. Also auch hier wieder ein natürliches, kompetentes Verhalten in „schwierigen“ Phasen die Nähe und Geborgenheit einzufordern.
In der Schlafberatung liegt uns es besonders am Herzen Eltern über die kindliche Entwicklung aufzuklären. Eltern, die wissen, dass das Verhalten ihres Kindes ganz normal ist können oft viel besser mit der ohnehin schwierigen Situation umgehen.
Eine der Fragen die uns wohl am meisten beschäftigt: Wann schläft das Kind nun (endlich) durch?
„Durchschlafen“ bedeutet für die Kleinen nicht, dass sie die ganze Nacht bis in der Früh friedlich in ihrem Bett schlummern. Durchschlafen bedeutet vielmehr, dass das Kind von Mitternacht bis ca. 5 Uhr in der Früh nicht nach seinen Eltern gerufen/geweint hat. Es wurde also zwischen den Schlafzyklen wach und war in der Lage wieder alleine ohne Hilfe einer Bezugsperson in den Schlaf zu finden. Dies fällt einem Kind dessen Bedürfnisse nach Nähe und Geborgenheit gesättigt sind leichter. Es hat Vertrauen in seine Bezugspersonen und kann sich so gut entspannen und zurück in den Schlaf finden.
Mit zunehmendem Alter sind Kinder dann immer besser in der Lage die Übergänge der Schlafzyklen zu bewältigen und selbstständig in den Schlaf zu finden.
Frühes „Durchschlafen“ liegt nicht im Interesse der kindlichen Entwicklung. Es dient einzig und alleine den Eltern.
Die Ursachen des nächtlichen Aufwachens sind ganz unterschiedlich und abhängig von vielen Faktoren und Alter des Kindes. Eine grundlegende Ursache ist natürlich der Hunger. Aus Sicht von 1001 Kindernacht ist es auch im 2. Lebensjahr noch ganz natürlich und normal, dass sich Kinder mehrmals in der Nacht melden, um ihrem Bedürfnis nach Nahrung nachzugehen – unabhängig davon ob das Kind gestillt wird oder die Flasche bekommt. Diese Sicht deckt sich zu 100 Prozent mit meiner Arbeit als Stillberaterin.
Weitere Ursachen sind Schmerzen, Zahnen, Infektionen, Ängste, Entwicklungsschritte, Erfahrungen, die verarbeitet werden. Ihr seht, die Liste der Gründe für nächtliches Aufwachen ist lang. Ich weiß, das nächtliche Begleiten eines Kindes ist mit die größte Herausforderung der wir uns als Mama und Papa stellen. Du bist nicht alleine mit Gefühlen der Verzweiflung und Hilflosigkeit.
Ich selbst bin Mama einer Tochter die in vielen Nächten halbstündlich wach wurde. Dennoch ist das Aufwachen sinnvoll. Man bedenke, dass sich das Volumen des Gehirns alleine im ersten Lebensjahr verdreifacht.
Das Begleiten des Kindes, die Nähe und Zuwendung, häufiges Stillen, Körperkontakt,… dies alles trägt zum Wachstum und Entwicklung des Gehirns bei.
Gemeinsam oder alleine schlafen?
Eine klare Empfehlung, vor allem im ersten Lebensjahr ist Co-Sleeping. Das bedeutet, das gemeinsame Schlafen aller Familienmitglieder in unmittelbarer Nähe. Das muss nicht wie bei Bed-Sharing das gemeinsame Bett sein.
Wie geschlafen wird entscheidet jede Familie individuell. Ein Weg, der für ALLE passt und einen erholsamen Schlaf ermöglicht hat oberste Priorität. Von einem Baby zu erwarten, dass es schon im ersten Lebensjahr alleine zurechtkommt ist allerdings unnatürlich und eine Erfindung der „modernen“ Welt. In anderen Kulturen ist es selbstverständlich, dass Kinder erst zwischen 3 und 6 Jahren alleine schlafen.
Natürlich gibt es Eltern, die sich von Anfang an wünschen alleine zu schlafen. Das heißt, dass das Baby von Anfang an im eigenen Zimmer schläft. Das ist vollkommen in Ordnung. Dem Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit kann auch im eigenen Zimmer nachgekommen werden. Es gibt immer kreative Möglichkeiten, um einen geborgenen Schlafplatz zu gestalten wo sich das Kind nach und nach sicher fühlt.
Zu betonen ist aber, dass der nächtliche Aufwand seitens der Eltern und in den meisten Fällen der Mutter erheblich größer wird. Der Schlaf der Mutter wird gestört, weil sie nachts aufstehen muss, um ihr Kind zu beruhigen. Sie verlässt ihren Schlafplatz, zusätzlich dauert es bis sie bei ihrem Kind ist. In dieser Zeit ist das Kind meist schon ganz wach, weil es auf die beruhigende Zuwendung der Bindungsperson warten musste. In Folge dessen dauert es natürlich wieder länger bis sich das Kind beruhigt und in den Schlaf zurückfinden kann.
Einschlafen bedeutet für das Kind immer „Trennung“. Trennung von seiner geliebten Bindungsperson.
„Müdigkeit und Dunkelheit lösen das Bindungsverhalten aus, was dazu führt, dass das Kind vermehrt die Nähe und den Schutz seiner Bindungsperson, in der Regel die Mutter, sucht.
Die kindliche Schlafentwicklung ist ein biologischer und emotionaler Reifeprozess, der mit einer liebevollen Begleitung ganz natürlich geschieht. Die Autonomie kann durch erzieherische Maßnahmen nicht beschleunigt oder erzwungen werden.
Bekomme ich mein Kind wieder aus meinem Bett/ aus dem Schlafzimmer?
Sehr oft beobachte ich, wie wichtig es für Eltern ist, dass sie wissen wie normal, natürlich und positiv es ist mit dem Kind in einem Bett oder im selben Raum zu schlafen. Es besteht keine Gefahr, dass man so sein Kind in irgendeiner Form „abhängig“ macht oder es in seinem natürlichen Streben nach Selbstständigkeit einschränkt. Ganz im Gegenteil. Kinder, die mit Nähe und Geborgenheit gesättigt sind, sind tendenziell früher in der Lage „alleine“ zu schlafen und nachts selbstständig weiter zu schlafen. Man kann also sagen: der „Aufwand“ in den ersten Lebensjahren ist wie eine Einzahlung in ein Beziehungs- und Selbstständigkeitskonto. Ein Kind das mit Liebe, Nähe, Geborgenheit gesättigt ist, wird ein selbstständiger, unabhängiger Mensch, der auch gut alleine schläft, wenn gewünscht.
An dieser Stelle möchte ich betonen, dass es keine pathologische Obergrenze für gemeinsames Schlafen gibt. Das Kind darf gerne so lange bei den Eltern schlafen wie es für alle Familienmitgliedern passt. Die Investition in ein großes Familienbettes kann ich nur empfehlen.
Nach dem 1. Lebensjahr wird es einfacher dem Wunsch nach getrennten Schlafplätzen in der Schlafberatung nach zu kommen. Auf alle Fälle ist es schön, wenn das Kind einen beständigen, geborgenheitsvermittelnden Schlafplatz hat der Anfangs, von einer liebevollen Bezugsperson begleitet wird.
Ich hoffe sehr, dass ich euch hiermit einen Überblick über den Schlaf und die Schlafentwicklung geben konnte.
Danke für den Beitrag!
Doris Fink ist Krankenschwester, Stillberaterin IBCLC und Schlafberaterin. Die liebevolle, individuelle Begleitung unter Berücksichtigung ALLER Bedürfnisse liegt ihr dabei sehr am Herzen. Mehr über Doris und ihre Angebote findet ihr auf ihrer Webseite: www.beziehungsweg.at