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"Du kannst das“: Warum wir unseren Kindern mehr zutrauen sollten
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Selbstvertrauen ist das Vertrauen in uns und unsere Fähigkeiten. Es entsteht durch das Meistern von Herausforderungen, von Situationen, die ein wenig außerhalb unserer Komfortzone liegen. Wie du es schaffst, dein Kind mit einem vollen Rucksack Selbstvertrauen auszustatten, hat uns Familienberaterin Barbara Grütze verraten.
Ich hab es geschafft!
Für unsere Kinder ist das zum Beispiel das Klettergerüst auf dem Spielplatz, das noch viel zu schwierig zu erklettern wirkt – und dann trauen sie sich doch und klettern tatsächlich bis ganz nach oben! Die Rutsche, die plötzlich viel zu steil erscheint – und dann rutschen sie doch, und haben Spaß daran! Oder auch eine Konfliktsituation mit einem anderen Kind, für die sie letztlich doch eine gute Lösung finden. Dieses Gefühl von „Ich-habe-es-geschafft“ ist einmalig. Kinder zehren danach noch in den vielfältigsten Situationen davon. Wenn sie ein Klettergerüst erklimmen können, können sie auch Schwimmversuche wagen, die nächste Schularbeit meistern oder volles Vertrauen in sich, Fahrradfahren lernen.
Kinder, die hingegen immer in ihrem - und oft auch unserem - Komfortradius bleiben, leben zwar vermeintlich sicherer (dem ist übrigens nicht zwangsläufig so, aber das ist ein anderes Thema), sie können aber auch kein neues Selbstvertrauen gewinnen. Zum Selbstvertrauen gehört also: Neues wagen. Mit Freude, Offenheit, Mut und Neugierde.
Ein gesundes Selbstvertrauen ist eines der wichtigsten Bestandteile eines starken Fundaments für ein erfülltes, glückliches und gesundes Leben.
Selbstvertrauen - Essenziell für Eltern UND Kinder
Und hier kommen wir Eltern ins Spiel – in zweierlei Hinsicht.
Erstens, weil Kinder immer von uns - am Modell - lernen. Nehmt euch ein paar Minuten und überlegt oder fühlt ihn euch hinein, wie ihr mit Herausforderungen umgeht? Unseren Kindern wollen wir viel Selbstvertrauen mitgeben – und das ist wundervoll. Wir dürfen dabei nur uns und unsere Vorbildwirkung nicht vergessen. Denn wir können nichts weitergeben, was wir nicht selbst besitzen. Kinder studieren uns den ganzen Tag, ihnen entgeht nichts und wir können ihnen nichts vormachen. Sie lernen vielmehr an dem, was wir tun oder wie wir es tun, als an dem, was wir ihnen sagen oder gerne mitgeben wollen.
Und: Wenn wir selbst ein gutes Vertrauen in uns und unsere Fähigkeiten haben, können wir auch unseren Kindern mehr und leichter etwas zutrauen. Denn das ist der zweite Aspekt, der wichtig ist, wenn wir das Selbstvertrauen unserer Kids stärken wollen: den Mut, die Neugierde und das Selbstvertrauen unserer Kinder nicht zu begrenzen.
Es geht gar nicht so sehr darum, das Selbstvertrauen unserer Kids zu stärken, sondern es ihnen zu erhalten. Denn Kinder haben von Natur aus eine Pipi-Langstrumpf-Haltung: „Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe!“.
Selbstvertrauen erhalten
Allerdings fangen sie irgendwann an, sich zu vergleichen, sich in Frage zu stellen. Sie lernen, dass sie Dinge gut oder eben weniger gut machen können, dass sie vielleicht nur gelobt werden, wenn sie Dinge ganz toll machen und Dinge lieber sein lassen, in denen sie nicht so gut sind.
Was ist passiert, zwischen diesem mutigen Baby und der unsicheren 10-Jährigen, die im Zweifel Dinge lieber sein lässt, wenn sie nicht weiß, ob sie sie „perfekt“ machen kann? Wo steckt das Kleinkind, das nach dem Hinfallen einfach wieder aufsteht, im 6-Jährigen, der sich nach einem Sturz weigert, wieder aufs Balanciergerät zu steigen?
Was Selbstvertrauen mit einem Deckel zu tun hat
Die Persönlichkeitsentwicklerin und Speakerin Laura Malina Seiler erzählt in einer Podcast-Folge von einem berührenden Versuch mit Grashüpfer, die in ein offenes Glas gesetzt wurden. Natürlich sprangen sie sofort davon - sie wussten ja, dass sie hoch genug springen konnten, sie wussten, dass sie es können. Es war das Natürlichste der Welt für sie. Dann aber wurde ein Deckel auf das Glas gesetzt. Die Grashüpfer versuchten nun wieder, zu springen, stießen aber an den Deckel und hörten daraufhin recht schnell auf, es weiter zu versuchen. Sie akzeptierten diesen Deckel und die Tatsache, dass sie nicht rausspringen konnten. Anschließend nahm man den Deckel wieder ab. Die Grashüpfer hüpften, trotz der Tatsache, dass ihnen die Welt nun wieder offenstand, nicht mehr aus dem Glas. Sie sprangen interessanter Weise nur mehr genauso hoch wie zu den Zeiten, als der Deckel auf dem Glas gelegen hatte. Sie hatten die Grenze, die andere für sie gesetzt hatten, für sich angenommen und hinterfragten sie nicht mehr. Ein imaginärer Deckel aufgrund ihrer Erfahrungen - der sie aufhielt, ihr Potenzial zu leben.
Wir Menschen laufen fast alle mit so einem Deckel herum.
Mit dem „Du kannst das nicht“-Deckel, den „Du bist so ungeschickt“-Deckel, den „Du bist zu laut/zu wild/zu dumm/zu glücklich/zu traurig“-Deckel. Der „Du-bist-nicht-richtig“-Deckel.
Auch unseren Kindern setzen wir Deckel auf, unbewusst, ungewollt und in dem Glauben, unser Kind damit vor schlechten Erfahrungen, vor Zurückweisung, vor Verletzungen oder vor dem Scheitern schützen zu können.
Wenn ich meinem Kind sage: „Das Klettergerüstt is noch zu schwer für dich, das kannst du nicht!“ bewahre ich es scheinbar vor der negativen Erfahrung, es zu versuchen und nicht zu schaffen. Oder davor, herunterzufallen und sich vielleicht weh zu tun. Aber ich verwehre ihm auch die Möglichkeit, in welcher Form auch immer, daran zu wachsen. Und setze ihm einen Deckel auf.
Oft sind es unsere eigenen Begrenzungen, die hier aus uns sprechen. Denn wer sagt, dass es für unser Kind scheitern ist, wenn es nicht bis ganz oben klettert, sondern vielleicht nur die ersten paar Stufen schafft?
Du kannst das!
Die Tochter meiner Freundin hat mit 9 Monaten ihre ersten Schritte gemacht. Niemand hat ihr gesagt: „Dafür bist du noch zu klein, lass das bitte, du kannst das noch nicht, du tust dir weh.“ Alle ermutigten sie, freuten sich mit ihr. Auch ihr habt euer Kind, egal, wie alt es war, sicherlich liebevoll beim Laufen lernen unterstützt, an es geglaubt, ihr wart da und habt euch über jeden kleinen Fortschritt gefreut. Wenn es hingefallen ist, habt ihr nicht gesagt: „Siehst du, ich habe ja gesagt, dass du das noch nicht kannst!“, sondern es ermuntert, es weiter zu versuchen. „Du kannst das!“, „Du schaffst das schon.“.
Ein bisschen was von diesem Spirit braucht es auch auf dem Spielplatz! Traut euren Kindern etwas zu! Gebt ihnen das Gefühl, dass sie alles schaffen können.
Erhaltet ihnen ihr natürliches „Ich kann“, so oft und so gut es geht.
Traut ihnen zu, Dinge allein zu lösen oder für sich zu entdecken. Nicht immer braucht es automatisch die stützende Hand. Wenn ich immer sofort zur Stelle bin, verwehre ich meinem Kind die Möglichkeit, etwas selbst zu meistern. Mehr noch, ich signalisiere ihm: „Du kannst das nicht allein – du brauchst mich“.
Wir müssen für unsere Kinder nicht alle Probleme lösen, es reicht, wenn wir ihnen den Weg dahin zeigen und für sie da sind, damit sie in einem geschützten Rahmen ihre eigenen Erfahrungen machen können und dieses wahnsinnig tolle Gefühl erleben dürfen: „Ich schaffe das schon, ich kann das“. Dieses Gefühl ist es, das uns den Mut gibt, Probleme zu lösen und voller Vertrauen in die Welt zu gehen.
Mit einem guten Selbstvertrauen und einer „Ich kann das“–Haltung ist hier schon ganz viel gewonnen.
Nun wünsche ich euch ganz viel Freude beim Ausprobieren und gemeinsamen Wachsen!
Mehr interessante Beiträge und Workshops von Barbara findest du unter: beziehungsvoll.at