Gesund & Satt

Stell dir vor: Ein strahlend neues Fahrrad steht im Garten. Das, wovon du als Kind nur träumen konntest, ist endlich Realität für dein eigenes Kind. Doch noch bevor du den Moment genießen kannst, hörst du den Satz: „Aber ich will ein pinkes Fahrrad, so wie meine Freundin Elsa!"

Zack – wie ein Schlag in die Magengrube. Aus Freude wird Wut, und ehe du dich versiehst, hörst du dich sagen: „Andere Kinder wären dankbar dafür!" Später erschrickst du über deine eigene Reaktion. Was ist da eigentlich passiert? Dein inneres Kind hat übernommen.

Was in diesem Moment passiert, ist nicht das Handeln der erwachsenen Person. Es ist die Reaktion des (verletzten) inneren Kindes, das auf alte (nicht erfüllte) Bedürfnisse und Erfahrungen reagiert.

Dieses Phänomen ist vielen Eltern bekannt, aber selten bewusst.

Gastbeitrag Inneres Kind

Was ist das innere Kind?

Das innere Kind ist eine Metapher. Es steht für die frühesten Erfahrungen, Gefühle und Bedürfnisse und bewahrt sowohl ursprüngliche Lebendigkeit, als auch frühe Verletzungen.

Im Alltag handeln Eltern meist reflektiert, doch in Stresssituationen kann das innere Kind die Kontrolle übernehmen. Dann wird nicht mehr auf das aktuelle Geschehen reagiert, sondern auf das Echo der eigenen Kindheit.

Ganz normale Situationen können so zu emotionalen Herausforderungen werden.

Wenn alte Gefühle aktiviert werden

Im Familienalltag gibt es viele Situationen, die das eigene (verletzte) innere Kind aktivieren können:

  • Öffentliche Bloßstellung: Ein Wutanfall im Supermarkt oder Restaurant aktiviert alte Ängste vor Bewertung und Ablehnung.
  • Fehlende Dankbarkeit: Wird ein geplantes Familienprogramm nicht angenommen, taucht alte Trauer über unerfüllte Wünsche wieder auf.
  • Gefühl von Ohnmacht: Wenn das Kind nicht hört, kann das innere Kind in Panik geraten, besonders wenn früh die Erfahrung gemacht wurde, dass Liebe und Zuwendung an „brav sein“ gebunden ist.

Als Mutter einer zweijährigen Tochter kenne ich solche Momente gut: Trotz Regen will sie unbedingt Sandalen anziehen, obwohl ich es eilig habe. Plötzlich bin ich nicht mehr die gelassene Mama, sondern das gestresste Kind in mir, das funktionieren muss, damit der Vater nicht zu spät zur Arbeit kommt.

In Sekunden werden wir zur Gefangenen alter Ängste und verlieren das Hier und Jetzt aus den Augen.

Vom Teufelskreis zur Heilung

Wenn das (verletzte) innere Kind die Kontrolle übernimmt, entstehen Kreisläufe: Alte Wunden beeinflussen das Verhalten und negative Glaubenssätze werden ungewollt auf das Kind übertragen.

Generationen von ungeheilten inneren Kindern geben ihre Verletzungen weiter – oft unbewusst und unbeabsichtigt.

Gleichzeitig bietet Elternschaft hier eine große Chance: Kinder spiegeln blinde Flecken wider und eröffnen die Möglichkeit zur Heilung.

Jeder Auslöser kann als Einladung verstanden werden, genauer hinzuschauen, zu verstehen und zu wachsen.

Innere-Kind-Arbeit bedeutet nicht als Eltern perfekt zu sein. Vielmehr geht es darum, sich der eigenen automatischen Reaktionen bewusst zu werden und deren Ursprung zu erkennen.

Werden die eigenen seelischen Verletzungen bearbeitet, können alte Muster durchbrochen werden. So entsteht die Möglichkeit als Bezugsperson emotional verfügbar und authentisch zu sein.

Selbstmitgefühl als erster Schritt

Selbstmitgefühl ist ein zentraler erster Schritt. Es bedeutet:

  1. eigene Unvollkommenheiten annehmen, ohne sich klein zu machen
  2. herausfordernde Momente akzeptieren und loslassen, dass immer alles klappen muss
  3. bewusst gut für sich selbst sorgen

Dr. Kristin Neff, Pionierin der Selbstmitgefühlsforschung, bringt es auf den Punkt: „Mit Selbstmitgefühl schenken wir uns selbst die gleiche Güte und Fürsorge, die wir auch einem guten Freund oder einer guten Freundin schenken würden.“

Kinder brauchen keine perfekten Eltern, sondern liebevolle, wachsende und authentische Bezugspersonen.

Gastbeitrag Inneres Kind Heilung

Alte Wunden erkennen und heilen

Das innere Kind zeigt sich in vielen Alltagssituationen. Wer sich seiner eigenen Vergangenheit, Gefühle und Trigger bewusst wird, erkennt:

  1. welche verborgenen Muster hinter den eigenen Reaktionen stehen
  2. wie sich in belastenden Momenten bewusst neue Wege einschlagen lassen
  3. wie Selbstakzeptanz und Gelassenheit wachsen können

Jede Heilung des inneren Kindes ist zugleich ein Geschenk an das Kind selbst und alle nachfolgenden Generationen.

Das innere Kind im Alltag wahrnehmen und begleiten

Ein einfacher erster Schritt ist, innezuhalten, wenn starke Gefühle aufsteigen. Atme tief ein und aus und sage dir innerlich: „Ich bin für dich da." Dieser kleine körperliche Anker kann helfen, Stress zu reduzieren und eine Verbindung zu deinem inneren Kind herzustellen.

Deine eigenen Verletzungen müssen nicht komplett aufgearbeitet sein, um eine liebevolle Mutter oder ein liebevoller Vater zu sein. Es reicht, wenn du bereit bist hinzuschauen. Jedes Mal, wenn du kurz innehältst, anstatt zu explodieren, durchbrichst du ein Muster. Jedes Mal, wenn du dir selbst mit Mitgefühl begegnest, lernt dein Kind, dass Fehler menschlich sind.

Mini-Übung zum Schluss: Was würdest du deinem 5-jährigen Ich heute sagen? Sag es dir. Jetzt.


Über die Autorin

Gastbeitrag Inneres Kind Elisabeth Kwauka

Elisabeth Kwauka ist Coachin für Innere-Kind-Arbeit sowie Psychotherapeutin in Ausbildung und begleitet Eltern dabei, alte Muster zu erkennen, Selbstmitgefühl zu entwickeln und den Familienalltag gelassener zu gestalten.

Alle Infos zur Coachingpraxis 


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