Gesund & Satt
Mental Health von Eltern: Ein oft übersehenes Thema
- Details
Als Eltern wollen wir unseren Kindern das Beste geben und ihnen eine glückliche Kindheit ermöglichen. Doch in der heutigen Gesellschaft stehen wir oft unter enormem Druck. Die Erwartungen an Eltern sind hoch, die Balance zwischen Beruf, Familie und persönlichen Bedürfnissen ist oft schwierig zu finden. Viele von uns fühlen sich überfordert und erschöpft. Warum ist das so und was können wir dagegen tun?
How does it feel?
Bevor ich selbst Mutter wurde, hatte ich nur eine vage Vorstellung davon, wie der Alltag mit Kind sich anfühlen würde. Alle reden immer nur davon, wie schön es ist Kinder zu haben (was ja prinzipiell auch absolut stimmt), ein Kind zu bekommen war auch wirklich unser innigster Wunsch. Warum aber hat uns niemand darauf vorbereitet, wie herausfordernd es wird? Das fragen mein Mann und ich uns immer wieder. Wir sind beide berufstätig, derzeit noch mit etwas reduzierten Stunden, sonst würden wir es Energie-technisch einfach nicht schaffen.
Während meiner Ausbildung zur Mentaltrainerin wurde mir immer mehr bewusst, wie viele Eltern mit mentalen Problemen kämpfen, weil sie die Mehrfachbelastung nicht bewältigen können. Viele fühlen sich allein gelassen oder sogar belächelt. Man bekommt zwar jede Menge gut gemeinte Ratschläge, aber wirkliche Unterstützung gibt es kaum.

Die Herausforderungen der modernen Elternschaft
Die Forschung bestätigt inzwischen, dass die heutige Eltern-Generation mit besonders vielen Herausforderungen zu kämpfen hat. Viele Eltern glauben, Familie und Beruf ließen sich problemlos vereinbaren. In der Realität sieht es jedoch leider oft anders aus. Die zunehmende Kernfamilienstruktur und fehlende Verwandtschaftsnetzwerke machen es nicht gerade leichter. Gestiegene Ansprüche an die Leistungsgesellschaft, Reizüberflutung und Informationsüberlastung tragen zusätzlich zur Überforderung bei.
Kein Wunder, dass wir abends ausgepowert aufs Sofa fallen, statt ein Buch zu lesen, oder noch schnell den Wäscheberg zusammenzulegen.
Die Fachliteratur nennt viele Stressfaktoren, die Eltern belasten. Dazu gehören auch Rollenkonflikte, Perfektionismus und Effizienzdruck. Wir kennen das alle. Das führt mitunter zu Schuldgefühlen und verstärkten Angst- und Stresssymptomen. Gleichzeitig haben Eltern vielfach das Gefühl in der politischen Diskussion nicht angemessen berücksichtigt zu werden. Die starke Fokussierung auf das Wohl der Kinder führt dazu, dass die Eltern vergessen werden.
Kann man Gelassenheit trainieren?
In unserem Umfeld gibt es einige Mütter und Väter, die an Depressionen leiden, kurz vorm Burn-Out stehen, oder deren Beziehung wegen Überbelastung zu zerbrechen droht. Das müsste nicht sein. Oft trauen wir uns nicht rechtzeitig um Hilfe zu bitten; zugleich bräuchten wir vielleicht einfach leichter zugängliche Methoden und Tools, die uns im richtigen Moment helfen.
Die Neurowissenschaft hat in den vergangenen Jahrzehnten unglaubliche Fortschritte gemacht. Auf Basis ihrer Erkenntnisse ist ein Berufszweig entstanden, dem momentan noch viel zu wenig Beachtung zukommt: mentales Training kann Menschen niederschwellig unterstützen mit Belastungen des Alltags umzugehen. Es basiert auf der Erkenntnis, dass unsere Gedanken, Emotionen und Verhaltensweisen, eng mit neurologischen Abläufen verbunden sind - und ja, diese können wir trainieren.
Das bedeutet, durch gezielte Techniken können wir „üben“ besser mit Druck umzugehen und unsere Stresskompetenz erhöhen. Die Wirkung von regelmäßigen Gedankenreisen, Atemtechniken und Achtsamkeitstraining sind längst wissenschaftlich nachgewiesen. Sie können helfen das Hier und Jetzt mit mehr Gelassenheit anzunehmen. Klingt nach Esoterik oder Hokus-Pokus, ist es aber nicht.
Selbstfürsorge als erster Schritt
Die mentale Gesundheit von Eltern ist ein wichtiges Thema, das lange übersehen wurde, aber zunehmend an Bedeutung gewinnt. Durch realistische Erwartungen, Selbstfürsorge, soziale Unterstützung und mentales Training können wir unsere Resilienz und Gelassenheit im Familienalltag stärken. Es ist an der Zeit, dass Eltern die Unterstützung und Anerkennung erhalten, die sie verdienen, um ihre Rolle mit mehr Leichtigkeit und Freude zu leben. Denn: Wenn es uns Eltern gut geht, sind auch unsere Kinder entspannter, umso entspannter sind wiederum auch wir.

Top 5 Praktische Tipps für mehr Resilienz im Familienalltag
- Micro‑Pausen einplanen – 5‑minütige Atemübungen oder kurze Spaziergänge reduzieren akuten Stress.
- Selbstfürsorge üben – Mache Dinge die dich glücklich machen, du hast es dir verdient! Das ist nicht egoistisch, sondern notwendig um die eigenen Batterien aufzufüllen.
- Loslassen – Lerne zu akzeptieren, dass du nicht alles perfekt machen kannst. Es ist in Ordnung, wenn nicht jeder Tag reibungslos verläuft. Herausforderungen gehören zum Leben und helfen uns zu wachsen.
- Körperliche Aktivität – Regelmäßiges Training (auch wenn es nur wenig ist) wirkt nachweislich antistressfördernd. Probiere verschiedene Stressabbau-Methoden aus, wie Meditation, Qigong oder auch Klettern.
- Soziale Unterstützung aktiv suchen – Tausche dich mit anderen Eltern aus, das mindert das Gefühl des Alleinseins, und hole dir Unterstützung, wenn du sie brauchst.
Über die Autorin

Nora Tunkel bietet im November und Dezember bei HAPPY GORILLA Workshops für Eltern (to-be) sowie für Frauen und Berufstätige an. Als zertifizierte Mindset Trainerin erarbeitet sie mit Teilnehmer:innen Programme auf Basis von aktuellen neurologischen Erkenntnissen mit besonderem Fokus auf Entspannungsverfahren - vor allem in Hinblick auf Herausforderungen des Elternwerdens und -seins. Auf Anfrage sind auch Einzeltrainings möglich.
Mehr Information unter www.happygorilla.at
Quellen:
Dorothee Döring (2024): Eltern am Limit: Herausforderungen und Stress erfolgreich meistern.
Dunja Schenk (2021): Der Anti-Stress-Trainer für Working Moms. 2. Auflage.
Hanna Maly-Motta (2023): Gestresste Eltern. Belastungsaspekte in unterschiedlichen Entwicklungsphasen der Familie.
Henry-Huthmacher, Christine (2008): Eltern unter Druck. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Studie. Hg. v. Konrad Adenauer Stiftung. Online verfügbar unter https:// www.kas.de/einzeltitel/-/content/eltern-unter-druck1, Zugriff am 20.03.2025








