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Neurodivergenz-Special: Teil 3 - Kindergarten & Schule
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In den ersten beiden Teilen unseres Neurodivergenz-Specials haben wir nun geklärt, was Autismus und ADHS bedeutet. Doch wie geht es jetzt weiter? Wie sieht es mit Kindergarten und vor allem mit der Schulauswahl für mein neurodivergentes Kind aus? Was muss ich hier beachten? Wir haben dazu ein Interview mit Karoline Seniowska geführt. Sie ist Inklusive Elementarpädagogin mit Schwerpunkt auf Autismus und ADHS.
Erste Betreuungseinrichtung: Der Kindergarten
Das Wichtigste stellt Karoline gleich zu Beginn klar: KINDERGARTEN IST DIE ERSTE BILDUNGSEINRICHTUNG FÜR KINDER! Die Kinder sind für einen längeren Zeitraum in einer „neuen“ Sozialform. Das müssen wir uns auf jeden Fall bewusst machen, wenn wir den Kindergarten wählen und die Kinder dort eingewöhnen.
Es gibt hier zwei Modelle, die Integrationsgruppe und die Heil- und Sonderpädagogische Gruppe (kurz HSP). Der Vorteil in der HSP-Gruppe ist, dass hier deutlich weniger Kinder sind. Außerdem sind die Diagnosen hier unterschiedlich und es handelt sich nicht ausschließlich um autistische Kinder. Des Weiteren sind in den HSP-Gruppen nur Sonderpädagogen tätig. Sie ermöglichen den Kindern je nach Entwicklungsstand unterschiedliche Aktivitäten. Hier stehen die Bedürfnisse der Kinder ganz klar im Fokus.
In der Integrationsgruppe arbeiten aktuell in den Wiener Kindergärten eine Pädagogin und eine Sonderpädagogin. In diesen Gruppen befinden sich weniger Kinder als in "normalen" Regelgruppen. Hier werden maximal 6 Kinder mit besonderen Bedürfnissen, sprich Integrations-Kinder, pro Gruppe aufgenommen. Die restlichen Kinder der Gruppe sind neurotypische Kinder. Außerdem gibt es in den Integrationsgruppen keine genaue Aufteilung von Autisten. So kann in einer Integrationsgruppe zum Beispiel ein Kind sein, dass ein Cochlea Implantat (Hörprothese) trägt und keinerlei Auffälligkeiten zeigt.
In der Integrationsgruppe haben die Kinder die Möglichkeit von den anderen Kindern die Entwicklungsstände zu beobachten und dadurch zu wachsen. Der Vorteil ist, dass neurodivergente Kinder dazu animiert etwas Neues auszuprobieren. Kinder mit besonderen Bedürfnissen wird hier die Möglichkeit gegeben sich in einer größeren Sozialform zurechtzufinden und sich ins Gruppengeschehen zu integrieren. Das ist eine gute Vorbereitung für die Schule. Der große Nachteil ist, dass die Wartezeit bezüglich einem Integrationsplatz in den Kindergärten lange ist und viel Geduld benötigt.
Folgende Fragen sollten sich Eltern bei der Kindergartenauswahl stellen:
Schafft mein neurodivergentes Kind den Alltag in der Integrationsgruppe? Ist die Lautstärke eventuell ein Störfaktor? Gehe ich arbeiten bzw. wann?
Vom Kleinkind zum Schulkind
Nachdem Kindergarten folgt die Schule. Die Eltern werden oftmals mit vielen Fragen und Informationen bombardiert. Wichtig ist, dass die Eltern von der Schule und dem Konzept überzeugt sind und auch das Kind sich dort gut aufgehoben fühlt. Es gibt hier ganz unterschiedliche Modelle: Einstiegsklasse, Starterklasse, Vorschulklasse, Integrationsklasse, Mehrstufenklasse. Die Kinderanzahl variiert je nach Modell.
Die erste Anlauf- und Beratungsstelle dafür ist der Fachbereich für Inklusion, Diversität und Sonderpädagogik. Die Kernaufgaben hier sind die Erstellung von sonderpädagogischen Gutachten, aber auch die Feststellung von anderem Förderbedarf. Der Fachbereich bietet verschiedene Experten die mit einem besonderen Schwerpunkt vertraut sind.
Je nach personellen Ressourcen und Bedarf kann eine Intensivpädagogin das Kind im Schulalltag unterstützt. Das Hauptziel ist es Lösungen mit der Intensivpädagogin zu finden, damit das Kind die Möglichkeit hat sich im Schulgeschehen zu integrieren und den Schulalltag positiv in Erinnerung hat. Es werden hier individuelle Strategien und Möglichkeiten mit den Klassenlehrern erstellt. Zum Beispiel haben Kinder im Autismus-Spektrum oftmals Schwierigkeiten in der Graphomotorik haben. Das bedeutet, dass die Form der Handschrift oft unleserlich oder das Schreibtempo eher langsam ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Intensivpädagogin nicht das gesamte Schuljahr bleibt.
Tipps um den Alltag zu meistern
Zum Schluss gibt Karoline noch einige Tipps, die den Eltern helfen sollen den Alltag oder auch die Eingewöhnungsphase besser zu meistern.
- Ein strukturierter Tagesablauf gibt dem Kind Sicherheit. Routinen und Rituale ermöglichen dem Kind einen leichteren Alltag.
- Klare Formulierungen. Kurze, aussagekräftige Sätze.
- Eine der häufigsten Herausforderungen für autistische Menschen ist die Art, wie sie ihre Umgebung wahrnehmen und auf sensorische Reize reagieren. Deshalb ist es wichtig zu erkennen, welche Situationen sehr belastend sein können und wie man am besten mit ihnen umgeht.
- Zu beachten ist, jedes Kind ist individuell. Die Eltern sind die Experten für ihr eigenes Kind. Das bedeutet, dass nur die Eltern selbst die Toleranzgrenze ihres Kindes genau kennen, sprich wie gut sie mit Reizen umgehen können z.B. Hypersensitivität (laute Geräusche, strenge/bestimmte Gerüche,..) Autistischen Menschen fällt es schwer, Reize aus ihrer Umgebung zu filtern und somit zu verarbeiten.
- Teenager-Alter: Es ist sehr wichtig autistische Kinder, vor allem ab dem Teenager-Alter, dafür zu sensibilisieren, welche Ausdrücke und Verhaltensweisen in zwischenmenschlichen Interaktionen angemessen sind. Auch auf das Thema Nähe und Distanz muss hier eingegangen werden.
- Und ein letzter Tipp noch: Es ist nie zu spät um mit einer Therapie oder Förderung anzufangen. Auch wenn die Kinder bereits älter sind profitieren sie davon.
Ihr habt noch mehr Fragen und wollt euch mit Karoline in Verbindung setzen. Das könnt ihr entweder über ihre Website oder auf Instagram.
Neurodivergenz-Special: Teil 1 Autismus-Spektrum-Störung (Interview mit Yvonne Laminger von Päpsy)
Neurodivergenz-Special: Teil 2 ADHS (Interview mit Yvonne Laminger von Päpsy)
Neurodivergenz-Special: Teil 3 Alltag mit neurotypischen Kindern (Interview mit Karoline Seniowska, Elementarpädagogin im Autistums-Spektrum)
Links zum Nachlesen:
https://www.bildung-wien.gv.at/ueber-uns/Fachbereich-Inklusion--Diversit-t-und-Sonderp-dagogik--FIDS-.html
https://www.schulpsychologie.at/fileadmin/upload/lernen_leistung/Leitfaden_fuer_die_Unterstuetzung_von_SuS_im_Autismus-Spektrum.pdf